Brack Logo

Zeig mir den Vogel! Das Bird-Buddy-Vogelhaus im Test

16.05.2024

Künstliche Intelligenz (KI) meets Seniorenhobby. So oder ähnlich könnte man das KI-Vogelhaus Bird Buddy umschreiben. Dank eines internetfähigen Kameramoduls bringt es die Vogelbeobachtung ins 21. Jahrhundert. Mit diesem macht es nicht nur selbständig Bilder aller gefiederten Besucher, sondern erkennt diese auch gleich und teilt dir via App deren Spezies mit. Mehr über die Vorzüge und Nachteile dieses Hightech-Vogelhauses erfährst du im Test.

Kurz und knapp

➕ Schöne und scharfe Bilder auch bei schlechten Lichtverhältnissen

Dank Solarmodul und Akku läuft das Kameramodul praktisch autonom, selbst bei niedrigen Temperaturen und wenig Sonne

Via App Zugang zu Bird-Buddy-Vogelhäusern auf der ganzen Welt

Materialwahl etwas billig in Anbetracht des Preises

Diverse Funktionen, die die Kamera eigentlich verbaut hat, sind nur mittels kostenpflichtigem Abo nutzbar.

Beschränkte Aufstellmöglichkeiten im Garten, da ein konstantes WLAN-Signal benötigt wird

«Was es heute nicht alles gibt», denke ich mir, als ich zum ersten Mal von meinem aktuellen Testgerät höre: Ein Vogelhaus, das Internetempfang benötigt…

Ursprünglich aus einem Kickstarter-Projekt entstanden, ist es seit einigen Jahren in den USA erhältlich. Anfang dieses Jahres hat der Bird Buddy nun den Flug über den Atlantik gewagt und es gibt ihn erstmals in der Schweiz zu kaufen.

Die Grundidee: Der Bird Buddy ist aufgebaut wie ein normales Vogelhaus mit einem Dach und einer Futterstelle. Zusätzlich verfügt er über ein Kameramodul. Sobald ein Vogel landet und sich über das Futter hermacht, erkennt dies ein Lasersensor und die Kamera beginnt, selbständig Fotos und Videos des tierischen Besuchers zu schiessen. Dabei sortiert die Kamera schlechte Bilder umgehend wieder aus, z.b. wenn sich der Vogel zu schnell bewegt hat oder nur teilweise zu sehen ist. Parallel dazu gleicht die KI die Bilder mit der umfangreichen Datenbank von Bird Buddy ab und bestimmt so, um welche Spezies es sich handelt. Aktuell erkennt Bird Buddy laut eigenen Angaben mehr als 1'000 Vogelarten, also rund zehn Prozent der insgesamt knapp 11'000 Arten weltweit.

Nach dem Aussortieren der Bilder und der Erkennung des Vogels erhält die Besitzerin eine Meldung in der Bird-Buddy-App, eine sogenannte «Postkarte»: Mehrere Fotos, ein Video sowie die Information, welcher Vogel zu Besuch war.

Unboxing und erster Eindruck

Soweit die Basics. Bevor wir weiter in die Funktionen eintauchen, werfen wir kurz einen Blick auf den Bird Buddy selbst.

Blog_DOMP_Birdbuddy_Test.jpg
Sämtliche Fotos in diesem Beitrag, sofern nicht anders angegeben: Dominik Perrenoud | Competec

Die Verpackung ist durchdacht und es gibt nur ganz wenig Plastik, was mich freut. Dafür ist das Vogelhaus selbst fast vollständig aus Plastik, was ich wiederum schade finde. Aufgrund der leichten Pigmentierung des Materials dachte ich zunächst, es sei wenigstens rezyklierter Plastik, aber laut Hersteller ist er lediglich rezyklier-bar, kann also am Ende seines Lebens recycelt werden… Bei einem Preis von 250 Franken dürfte die Materialwahl durchaus etwas «naturverbundener» oder allgemein hochwertiger sein. Die meisten analogen Vogelhäuschen bei uns im Shop kosten unter 50 Franken und sind trotzdem fast alle aus Holz oder sogar Steingut.

Aber die haben keine Kamera, und darum geht's hier ja. Das Kameramodul ist 13 Zentimeter lang und wetterfest, damit es den Ausseneinsatz übersteht. Es ist nicht fest mit dem Häuschen verbunden und lässt sich herausnehmen, zum Beispiel, um den Akku aufzuladen. Doch das ist eigentlich nicht nötig, denn das Solarpanel auf dem Dach des Häuschens versorgt das Kameramodul mit ausreichend Strom (siehe unten). Und falls es mal länger bewölkt sein sollte: Der Akku hat eine Kapazität von 4000 mAh, exakt gleich viel wie ein Samsung Galaxy S24. Das reicht laut Hersteller für eine Autonomie von fünf bis 15 Tagen, je nach Intensität der Nutzung.

Neben dem Häuschen und der Kamera gehören zum Lieferumfang ein USB-C-Ladekabel (90 cm), eine Halterung für die Montage auf einem Pfahl sowie ein Becher fürs Einfüllen des Futters. Eine Starterpackung Futter sucht man leider vergebens. Auch das hätte angesichts des Preises drin liegen müssen, insbesondere da der Hersteller sogar selbst solches anbietet. Für den Test habe ich dann dieses Futter verwendet.

Bis auf einige Plastiksäckchen ist die Verpackung komplett aus Karton.

Die üblichen Tücken beim Setup

Nun geht's ans Aufsetzen der App und des Kameramoduls. Letzteres muss als erstes an die Steckdose zum Aufladen. In der Verpackung wird ein Setup-Guide mitgeliefert (auf Englisch), doch das Ganze spielt sich hauptsächlich in der App ab. Also schwupps in den Play-Store und die Bird-Buddy-App heruntergeladen. Diese ist zunächst auch auf Englisch, du kannst sie jedoch auf Deutsch umstellen.

Um die App nutzen zu können, führt kein Weg daran vorbei, ein Nutzerkonto bei Bird Buddy zu erstellen. So etwas stört mich persönlich immer ein bisschen, doch es ist (leider) der Standard beim Einrichten von «smarten» Geräten aller Art. Genauso wie die Freigabe des Standortes, die als nächstes eingefordert wird. Immerhin wird dieser nur für das Setup benötigt und der Zugriff darauf kann im Anschluss wieder deaktiviert werden.

Dann kommt das Kameramodul zum Einsatz: Mittels Druck auf den hervorstehenden «Nippel» schalte ich das Gerät ein und starte in der App den Verbindungsvorgang. Die App zeigt einen fünf-Minuten-Countdown an, nach dessen Ablauf leider noch keine Verbindung besteht. Als auch weitere fünf Minuten später noch kein Fortschritt zu erkennen ist, wechsle ich kurz auf den Home-Bildschirm des Handys und dann wieder zurück in die App. Und siehe da: Der Einrichtungsprozess wird umgehend abgeschlossen.

Oder das dachte ich zumindest, denn es folgt sogleich ein 30-minütiges Update der Firmware. Die Zeit nutze ich, um das Vogelhäuschen vorzubereiten und insbesondere das Futter einzufüllen. Das geht mit dem mitgelieferten Becher ganz hervorragend, sofern man es richtig macht. Ich realisiere zunächst nicht, dass die Klappe hinten am Häuschen ebenfalls beim Einfüllen helfen soll, und verschütte gefühlt die Hälfte des Futters. Beim zweiten Anlauf klappt's dann allerdings einwandfrei.

Blog_DOMP_Birdbuddy_Test_Futter_einfüllen_2.jpg
Klappe anwinkeln, Futter auf die Klappe kippen, Voilà. Eigentlich wäre es ganz einfach.

Sobald das Firmware-Update abgeschlossen ist, zeigt der Akku des Kameramoduls einen Ladestand von etwa 80 % an, das reicht. Das Einsetzen ins Häuschen geht sehr einfach und dank eines Magneten (im Bild oben zu sehen) hält das Modul einwandfrei. Es folgt nur noch die gründliche Inspektion durch meine Katzen und schon kann das Vogelabenteuer losgehen.

Blog_DOMP_Birdbuddy_Test_Futter_einfüllen_Katze.jpg
Kater Timon prüft, ob auch alles in Ordnung ist, bevor wir den Bird Buddy nach draussen bringen.

Auge in Auge mit der Wildnis

Nach dem etwas holprigen Setup gehen die letzten Einstellungen dann leicht von der Hand und ich bringe den Bird Buddy nach draussen. Ein grosser Knackpunkt bei der Platzierung ist der Umstand, dass er eine konstante Internetverbindung benötigt. Ohne diese kann er keine Bilder machen, da er keinen internen Speicherplatz hat. Sprich, er muss die Bilder online ablegen können.

Damit sind die Aufstellmöglichkeiten im Garten natürlich begrenzt. Ich habe das Glück, dass an der Fassade meiner Wohnung eine Katzenleiter hängt. Keine Sorge, die Leiter wird nicht von meinen Katzen heimgesucht, da diese offenbar beschlossen haben, Hauskatzen zu bleiben, und die Leiter boykottieren. Somit kann ich den Bird Buddy ganz nah am Haus und damit innerhalb der W-LAN-Reichweite platzieren.

Neben der Internetverbindung musst du bei der Aufstellung auch beachten, dass das Solarpanel des Bird Buddy möglichst zur Sonne hin ausgerichtet ist. Nur die linke Seite des Daches (von vorne betrachtet) hat nämlich ein Solarpanel. Und zu guter Letzt ist auch die Privatsphäre ein Thema – Die Kamera sollte nicht gerade das Schlafzimmer der Nachbarn im Blick haben. Suche einen Blickwinkel aus, der diesbezüglich unbedenklich ist.

Blog_DOMP_Birdbuddy_Test_Draussen.jpg
Der Bird Buddy an seinem (katzenfreien) Einsatzort
icon/info

Vögel ganzjährig füttern?

Der Hersteller vermarket seinen Bird Buddy klar als Ganzjahresprodukt und bietet selbst auch entsprechende Futtermischungen für alle Jahreszeiten an. Doch wie sinnvoll ist es, Vögeln das ganze Jahr über Futter zur Verfügung zu stellen?

Der Schweizerische Vogelschutzverband Birdlife rät explizit davon ab, da heimische Vögel in der Natur praktisch immer genügend Nahrung vorfinden. Er empfiehlt deshalb die Fütterung nur im Winter, insbesondere wenn eine geschlossene Schneedecke liegt und die Vögel zu wenig Nahrung finden. Auch der Deutsche Naturschutzbund spricht sich für eine Fütterung ausschliesslich im Winter aus. Er verweist darauf, dass von der Fütterung meistens nur eine Handvoll Arten profitieren, deren Bestände sowieso gross oder sogar am Wachsen seien. Für richtigen Naturschutz seien andere Massnahmen sinnvoller, wie etwa der Erhalt der Lebensräume gefährdeter Arten und eine grössere Pflanzenvielfalt im Garten.

Auf Erkundungstour in der Bird-Buddy-App

Dann heisst es warten. Laut Bird Buddy kann es einige Tage dauern, bis die Vögel in der Umgebung die neue Futterstelle finden. Also schaue ich mich als nächstes mal etwas in der Bird-Buddy-App um. Neben der Steuerung des eigenen Vogelhauses kann ich darin nämlich auch auf andere Bird Buddys rund um den Globus zugreifen, und zwar gleich auf zwei Arten.

Da wäre einerseits «BB TV», wo man zufällige Videos zu sehen bekommt. Ganz Social-Media-mässig mit Infinite Scroll. Ich könnte also stundenlang nach oben swipen und mir ein Vogelvideo nach dem anderen reinziehen. Andererseits gibt es noch «BB Explore», etwas versteckt in den Einstellungen. Dort kann ich mich mit bis zu drei ganz bestimmten Bird Buddys verbinden und bekomme dann von diesen «Postkarten», wenn dort Vögel vorbeischauen.

Ich verbinde mich also mit einem Vogelhäuschen in Panama und einem in Indien, am Fuss des Himalayas. In den folgenden Tagen werde ich überhäuft mit Fotos und Videos der dortigen Vogelwelt, inklusive Identifikation. Hier nur mal eine kleine Auswahl:

Dieser indische Graubrustbaumeister hat wohl nicht damit gerechnet, fotografiert zu werden. Quelle: Bird-Buddy-App

Insgesamt stehen aktuell (Mai 2024) fünf Vogelhäuser zur Verfügung, mit denen man sich auf diese Weise verbinden kann. Neben den beiden Genannten auch noch je eines in Ecuador, Kanada und auf Hawaii. Zusätzlich gibt es noch ganze 19 Stück, die nur erreichbar sind, wenn man ein Pro-Abo (CHF 4.16 / Monat) der App erwirbt.

Und damit sind wir bei einem meiner grössten Kritikpunkte am Bird Buddy angekommen: Diverse Funktionen, die das Gerät eigentlich verbaut hat, sind nur nutzbar, wenn man dieses Abo hat. Dazu gehören insbesondere Videoaufnahmen in 1080p-Auflösung (ohne Pro gibt’s nur 720p), die Möglichkeit, bestimmte Vogelarten zu ignorieren, sowie den so genannten «Rauschmodus», in dem die Kamera mehr Fotos schiesst als normal. Nochmal: Das Produkt kostet 250 Franken. Da finde ich es schon fast eine Frechheit, eigentlich vorhandene Funktionen hinter einer Paywall zu verstecken.

Die Vögel kommen – der Bird Buddy im Einsatz

Anyway, kommen wir zurück zu meinem Bird Buddy. Mittels der Funktion «Live» kann ich mich jederzeit in den Livestream der Kamera einklinken und auch manuell Fotos schiessen. Ich mache gleich mal eins, um zu testen, ob alles funktioniert.

Blog_DOMP_Birdbuddy_Test_Testbild.jpg
Das erste Testbild; Quelle: Bird-Buddy-App

Ja, zu Beginn meines Tests am 18. April liegt tatsächlich Schnee und die Nächte sind äusserst kalt. Das verunsichert mich etwas im Hinblick auf die Akkulaufzeit des Kameramoduls, insbesondere auch, weil die Aufstellung an der Hauswand nicht optimal ist für die Sonneneinstrahlung: Die Hälfte des Tages ist der Bird Buddy im Schatten des Hauses. Doch selbst unter diesen Bedingungen scheint das Solarpanel genügend Strom zu liefern. Der Akkustand (in der App einsehbar) pendelt in den folgenden Tagen zwischen 78 und knapp 90 %.

Das Produkt an sich scheint also zu «verhäbe» und auch die App ist gut gemacht, von den Pro-Funktionen mal abgesehen. Was mir nach mehreren Tagen mit dem Bird Buddy allerdings immer noch fehlt, sind die Besucher. Von der berühmten Szene aus Alfred Hitchcocks Die Vögel sind wir weit entfernt.

Doch dann ist es so weit. Am 24. April trifft eine Postkarte von meinem Bird Buddy ein. Ich finde sie zunächst fast nicht unter den Massen an Fotos aus Panama und Indien. Als ich sie dann entdecke, habe ich eine Riesen-Freude. Eine Blaumeise hat den Futtertrog besucht:

Hello there

Wie du im Video siehst, erkundet der Vogel die Futterstelle zunächst aus etwas Distanz, um dann kurz und schnell beim Futter zuzuschlagen. In den folgenden Tagen schaut immer mal wieder eine Blaumeise vorbei. Ob es dieselbe ist, kann ich natürlich nicht sagen.

Aus den «Postkarten» in der App lade ich die Fotos und Videos mit einem Tastendruck aufs Handy herunter, um sie mit Freunden, Familie und Arbeitskollegen zu teilen. Ebenfalls kann ich die Blaumeise jetzt zu meiner «Sammlung» in der App hinzufügen. Dort werden alle bereits erkannten Spezies abgelegt. Sobald die Kamera eine neue Vogelart erkennt, werden in der App diverse Hintergrundinfos freigeschaltet: Grösse, Gewicht, Futtervorlieben, Verhalten und vieles mehr. Sogar den Gesang des gefiederten Besuchers kann ich mir anhören. Damit deine Sammlung nicht nur von den Besuchern deines eigenen Bird Buddy abhängt, kannst du auch die Vogelarten aus aller Welt hinzufügen, die du als Postkarte via «BB Explore» bekommst (siehe oben).

Alle Postkarten bleiben während drei Tagen im Feed in der App ersichtlich, danach verschwinden sie, wenn du nichts unternimmst. Innerhalb dieser Zeit kannst du die Bilder auf dein Handy herunterladen und/oder in der App sichern, damit sie der «Sammlung» hinzugefügt werden. Da bleiben sie dann beliebig lange erhalten und du kannst sie so oft herunterladen, wie du willst.

Die «Visitenkarte» der Blaumeise in der Bird-Buddy-App

Mein Fazit zum Bird Buddy

Kurz zusammengefasst: Der Bird Buddy ist ein Luxusprodukt für diejenigen, die schon fast alles haben.

Er richtet sich an Vogelfans und Naturfreundinnen, die mehr über die Vögel in ihrem Garten und auf der ganzen Welt erfahren möchten. Diese Aufgabe erfüllt er wirklich gut, mit tollen Bildern und zahlreichen Hintergrundinfos zu mehr als 1'000 Vogelarten. Zu Beginn braucht es etwas Geduld, bis die ersten Besucher vorbeischauen, aber dafür kann das Produkt ja nichts.

Auf der anderen Seite finde ich das ganze Konzept etwas widersprüchlich. Laut Hersteller bringt uns der Bird Buddy die Natur näher, doch eigentlich trennt er uns eher davon. Wir können Vögel beobachten und «Natur erleben», ohne aus dem Haus zu gehen… Zudem ist es fraglich, wie sinnvoll es ist, wilde Vögel ganzjährig zu füttern, wie vom Hersteller propagiert. Und dann ist da noch der Preis von (habe ich es schonmal gesagt?!) 250 Franken. Dass man da noch zur Kasse gebeten wird, um alle Funktionen der Kamera freizuschalten, grenzt schon an Dreistigkeit.

Ob es einem das wert ist, muss am Ende des Tages jeder und jede für sich selbst entscheiden. Auch ohne Bird Buddy lohnt sich auf jeden Fall ein Blick auf die hauseigene Meme-Seite.

Blog_DOMP_Birdbuddy_Test_Blaumeise_4.jpg
Vielen Dank fürs Lesen, Quelle: Bird-Buddy-App
FacebookLinkedinRedditXWhatsapp

Kommentare (0)

Bitte melden Sie sich an, um die Kommentarfunktion zu nutzen.