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Rundum-Frühlings-Check fürs Velo

18.03.2022

Die Temperaturen steigen und es wird Frühling. Zeit, Ihr Zweirad aus dem Keller zu holen! Damit die Vorfreude auf die bevorstehende Velosaison nicht gleich zu Beginn der ersten Tour ausgebremst wird, empfehlen wir vorher einen Check der wichtigsten Velo-Komponenten. Der Check gilt für alle Arten von Velos – ausser E-Bikes, da wir nicht auf elektronische Bauteile eingehen.

Ganz wichtig: systematisch vorgehen! Denn durch ein systematisches Vorgehen übersehen Sie garantiert kein wichtiges Detail, bzw. Veloteil. In diesem Beitrag prüfen wir das Bike nach dem sogenannten M-Check-Prinzip. Hierbei bewegen wir uns vom Vorderrad zum Cockpit, über die Kurbel zum Sattel und enden beim Hinterrad. Folgen wir diesen Punkten in der Seitenansicht, entsteht daraus ein «M».

Schema-M-Check

Als Gedankenstütze haben wir für Sie eine interaktive PDF-Checkliste zum Herunterladen erstellt. Auf dem Tablet, Handy oder Laptop können Sie die Checkboxen anklicken, um bei den geprüften Veloteilen den Überblick zu behalten. Arbeiten Sie lieber mit Papier, können Sie die Liste ausdrucken.

Der M-Check im Video

Stefan Küng – unser Produktmanager für Velozubehör – hat ein Video zum M-Check gedreht. Im Schnelldurchlauf zeigt Ihnen der Bike-Profi die wichtigsten Punkte des Checks:



Vorbereitung

Um mögliche Beschädigungen zu sehen, müssen Sie das Bike zuerst gründlich reinigen. Idealerweise machen wir das nach jeder Biketour oder vor Saison-Ende.

Alles sauber? Dann kann’s losgehen mit dem M-Check!

Vorderrad

Reifen

Zunächst prüfen Sie den Zustand des Vorderrad-Reifens. Ist das Profil heruntergefahren? Weist die Flanke Risse auf oder ist das Material spröde? Ist das der Fall, müssen Sie den Reifen wechseln. Wie das geht erfahren Sie in unserem Ratgeber-Beitrag.

Danach checken Sie den Reifendruck. Eine Pumpe mit Manometer hilft, den Reifen korrekt zu Pumpen. Üblicherweise steht auf der Flanke des Reifens der obere und untere Grenzwert des Luftdrucks.

Reifenflanke mit Ober- und Untergrenze für den Luftdruck. Hier mindestens 2.5 bar, maximal 5.5 bar.

Innerhalb dieses Bereichs können Sie den Reifen nach Ihren Wünschen aufpumpen. Generell sollten Sie versuchen, den Rollwiderstand möglichst tief halten. Dabei gilt:

  • Im Gelände sorgt ein tieferer Reifendruck für geringeren Rollwiderstand
  • Auf Asphalt sorgt ein höherer Reifendruck für geringeren Rollwiderstand

Felgenbremse

Bei Felgenbremsen sollten sich beide Bremsarme gleich beweglich sein. Trifft das nicht zu – im Extremfall kann es vorkommen, dass ein Arm stillsteht – müssen Sie die Arme an den Stellschrauben einstellen. Zudem sollte der Bremsschuh korrekt ausgerichtet sein. Steht dieser Quer: Schraube lösen, neu ausrichten und Schraube festziehen.

Schema einer Felgenbremse

Es lohnt sich ausserdem, die Abnutzung der Felgen zu begutachten. Heben Sie dazu das Vorderrad an und schauen Sie von vorne auf die Felge. Wenn Sie das Rad drehen, werden ungleichmässige Abnutzungen sichtbar. Prüfen Sie zudem, wie stark die Felge abgenutzt ist. Eine starke Abnutzung zeigt sich durch eine tiefe Einbuchtung in der Felge. In beiden Fällen sollten Sie die Felge durch einen Fachmann auswechseln lassen.

Scheibenbremse

Bei den Scheibenbremsen prüfen Sie zunächst die Abnutzung von Scheibe und Belag. Die minimale Dicke der Bremsscheibe steht auf der Scheibe. Messen lässt sich die Dicke am einfachsten mit einem Messschieber. Mit dem Messeschieber können Sie ausserdem prüfen, ob die Scheibe ungleichmässig abgenutzt ist. Messen Sie an hierfür die Dicke an mehreren Stellen. Sollten Sie Unterschiede feststellen, ist die Scheibe ungleichmässig abgenutzt und es besteht Verkantungsgefahr. Tauschen Sie in diesem Fall die Bremsscheibe samt Belägen aus– selbst wenn die Mindestdicke noch nicht unterschritten wurde.

Prüfen Sie weiter, ob die Bremsscheibe einen seitlichen Schlag aufweist. Einen leichten Seitenschlag können Sie mit etwas Feingefühl korrigieren – dazu gibt es viele Tutorials im Netz. Bei einem grösseren Seitenschlag – wenn die Scheibe in einem Teilbereich die Beläge touchiert – sollte die Scheibe getauscht werden.

Die Bremsscheibe darf keinen Seitenschlag haben.

Anschliessend prüfen Sie mit dem Drehmomentschlüssel, ob die Bremsscheibe genügend stark angezogen ist. Bei Scheiben mit Center-Lock-Schraube sind es 40 Nm, bei 6-Loch-Scheiben oder bei Schrauben einer 6-Loch-Bremsscheibe steht das maximale Drehmoment auf der Scheibe. Die Information finden Sie gegebenenfalls auch in der Montageanleitung oder beim Hersteller auf der Website, üblicherweise sind es 4-6 Nm. Achten Sie bei der 6-Loch-Scheibe darauf, dass Sie die Schrauben gemäss Abbildung anziehen, um eine gleichmässige Druckverteilung zu erreichen.

Sicherheit dank festgezogenen Schrauben. Achten Sie auf das richtige Drehmoment.

Zum Schluss checken Sie, ob der Bremssattel genügend angezogen ist. Hierfür verwenden wir den Drehmomentschlüssel, mit der vom Hersteller empfohlenen Einstellung.

Speichen

Damit Ihr Rad rund läuft, sollten die Speichen fest und gleichmässig angezogen sein. Um das zu prüfen, können Sie jeweils zwei nebeneinanderliegende Speichen eine Handbreite vom Kreuzungspunkt zusammendrücken. Verschiebt sich der Kreuzungspunkt um mehr als 10 mm von der Radmitte weg, sind die Speichen zu locker. Gibt eine Speiche mehr nach als die andere, sind nicht beide Speichen gleich festgezogen. In diesen Fällen setzen Sie den Speichenspanner am Nippel der lockeren Speiche(n) an und machen damit eine Vierteldrehung im Uhrzeigersinn. Um nicht versehentlich mehrmals dieselbe Speiche anzuziehen, markieren Sie die bearbeitete Speiche z.B. mit einem weissen Filzstift oder einem Faden.

Radnabe

Anschliessend kontrollieren Sie, ob die Radnabe genügend «satt» sitzt. Hierfür halten Sie die Radgabel fest und geben seitlichen Druck auf das Rad. Bewegt sich das Rad, müssen Sie das Lagerspiel der Radnabe neu justieren.

Sitz der Radnabe prüfen

Luftfedergabel

Weiter geht es mit der Federung. Genauer gesagt mit dem Negativfederweg, auch SAG genannt. Das ist der Teil des Federwegs, der allein durch das Gewicht des Fahrers zustande kommt. Wenn Sie aufs Velo steigen, senkt sich der vordere Teil des Velos ab. Das ist der SAG.

Richtig eingestellt kann der Negativfederweg bei der Fahrt Schlaglöcher abfangen. Das Vorderrad stellt sofort Bodenkontakt her, ohne dass das gesamte Bike absackt. Das verbessert die Kontrolle über das Fahrrad.

Und so stellen Sie den SAG ein:

Öffnen Sie die Zug- und Druckstufe sowie den Blockierhebel an der Federgabel.

Druck- und Zugstufe an Federgabel

Pumpen Sie dann die Federgabel und den Dämpfer auf Empfehlung des Herstellers auf. Steigen Sie in Vollmontur aufs Bike und drücken Sie den Lenker 2-3 Mal kräftig nach unten. So lösen Sie «Verhockungen». Entlasten Sie das Bike danach und schieben Sie den O-Ring nach ganz unten. Den O-Ring benötigen Sie, um zu messen, wie weit die Tauchrohre in die Standrohre eintauchen. Sollte Ihre Federgabel keinen O-Ring besitzen, können Sie auch einen Kabelbinder verwenden.

Kabelbinder an der Federgabel

Betätigen Sie dann die Vorderbremse, lösen Sie die Füsse vom Boden – hier ist Hilfe nützlich – und nehmen Sie Ihre standardmässige Fahrposition ein. Steigen Sie abschliessend sachte vom Bike.

Messen Sie nun die Distanz vom O-Ring zum Staubabstreifring.

SAG vom Kabelbinder oder O-Ring zum Staubabstreifring messen

Jetzt kennen Sie den Negativfederweg, bzw. den SAG. Der Hersteller des Bikes gibt meist eine Empfehlung ab, wieviel Prozent dieser vom Gesamtfederweg betragen soll (i.d.R. zwischen 15-30% des Gesamtfederwegs).

Beispiel zur Berechnung des SAG: Ihr Dämpfer hat einen Hub von 50 mm, den SAG haben Sie mit 10 mm gemessen. Das entspricht 20% SAG ((10⋅100)/50).

Wichtig: Sollte der effektive SAG nicht dem vom Hersteller empfohlenen SAG entsprechen, wiederholen Sie die Schritte.

Falls Sie die Dämpfung perfekt einstellen möchten, finden sie hier mehr Infos. Oder Sie fragen den Spezialisten in Ihrer Velowerkstatt.

Cockpit

Lenkergriffe

Sind die Lenkergriffe in einem guten Zustand? Sind beide Endkappen noch vorhanden und sind die Griffe weder klebrig noch abgenutzt? Dann ist alles in Ordnung. Wenn nicht, wird es Zeit für ein neues Paar.

Schalthebel

Als nächstes kontrollieren Sie, ob die Schaltung und die Bremsen leichtgängig sind und einen klaren Druckpunkt aufweisen. Besitzen Sie eine Vario-Sattelstütze, prüfen Sie deren Hebel ebenfalls. Sollte der Hebel der Vario-Sattelstütze verklemmt sein oder sich wie ein Schwamm anfühlen,hilft Ölen oder Nachziehen.

Lenkstange

Jetzt prüfen Sie die Lenkstange auf Spielraum. Dafür nehmen Sie das Vorderrad zwischen die Beine und bewegen die Lenkstange. Im Normalfall sollte der Lenker stillstehen. Bewegt er sich, müssen Sie das Lenkkopflager festziehen:

  1. Lösen Sie die Klemmschrauben beim Vorbau leicht.
  2. Ziehen Sie die Steuersatzkappe an, bis kein Spiel mehr fühlbar ist.
  3. Ziehen Sie die Klemmschrauben vom Vorbau an, gemäss Drehmomentangabe vom Hersteller.
  4. Heben Sie nun das Vorderrad und prüfen Sie, ob die Lenkung kein Spiel mehr hat und leichtgängig ist. Wiederholen Sie den Vorgang bei Bedarf.

Danach schauen Sie nach, ob die Schrauben des Vorbaus korrekt angezogen sind. Gerade bei Carbon-Lenkern dürfen die Schrauben nicht zu fest angezogen sein, weil der Lenker dadurch Schaden nehmen könnten. Auch hier geben die Hersteller das korrekte Drehmoment an. Als Richtwert gelten 5 Nm.

Vorbau-Schrauben

Kurbelbereich

Dämpfer

Beim Dämpfer des Hinterbaus checken Sie ebenfalls, ob unerwünschter Spielraum besteht. Hierfür heben wir das Hinterrad an und geben Druck gegen das Hinterrad in Richtung Sattel. Bewegt sich nichts: alles gut. Andernfalls besuchen Sie einen Velomechaniker, der Ihnen eine neue Dämpferbuchse installiert.

Der Hinterbau sollte keinen Spielraum haben

Bei Luft-Dämpfern prüfen wir zum Schluss, ob der Druck der Herstellerangabe entspricht.

Kurbel

Bei der Kurbel schauen wir uns das Abnutzungsbild an. Sind die Kettenräder der Kurbel verschlissen, sollten Sie diese ersetzen. Starken Verschleiss erkennen Sie daran, dass die Zähne spitz zulaufen – sie erinnern an Haifischzähne.

Verschlissene Kettenräder haben spitz zulaufende «Haifischzähne» (Bild Links)

Danach heben Sie das Hinterrad und drehen an den Pedalen, um die Leichtgängigkeit der Kurbel zu prüfen. Sollte sie nicht flüssig laufen, ist ein Besuch beim Velo-Spezialisten empfehlenswert.

Pedale

Prüfen Sie mit dem oberen Schritt auch gleich, ob sich die Pedale flüssig um die eigene Achse drehen. Wenn sie sich "rau" drehen oder Spiel haben, müssen Sie die Pedale nachjustieren. In diesem Schritt sollten Sie auch gleich das Fett erneuern. Hierfür finden Sie im Netz ebenfalls einige Tutorials.

Sattel

Prüfen Sie als nächstes die Klemmschrauben des Sattels mit dem Drehmomentschlüssel.

Die Schraube der Sattelstützklemme – das ist das untere Befestigungsteil der Sattelstütze – sollte mit ca. 10 Nm angezogen sein.

Bei der Sattelklemme – das ist der obere Teil der Sattelstütze – gibt es zwei Ausführungen: solche mit je 1 Schraube und solche mit je 2 Schrauben.

Einfache Sattelklemmen sollten je nach Modell mit 15-35 Nm angezogen werden. Doppelte Sattelstützen mit 8-15 Nm. Prüfen Sie, ob der Hersteller Angaben zum genauen Drehmoment macht.

Sattelklemme und Sattelstützklemme

Sehen Sie sich anschliessend das seitliche Spiel des Sattels an. Probieren Sie hierfür, den Sattel nach links und rechts zu bewegen. Normale Sattelstützen sollten kein Spielraum haben, Vario-Sattelstützen hingegen schon – allerdings auch nicht mehr als 4 mm. Ansonsten müssen Sie die Sattelstütze in den Service geben. Denn dann sind mit grosser Wahrscheinlichkeit die Führungsstifte verschlissen und sollten getauscht werden.

Prüfen Sie zudem, ob die Vario-Sattelstütze absackt, wenn Sie Gewicht draufgeben und den Hebel nicht betätigen. Ist dies der Fall, gehört sie ebenfalls in den Service.

Hinterrad

Den Reifen sowie die Felgen, Scheibenbremse, Speichen und Radnabe kontrollieren Sie so wie beim Vorderrad.

Kassette

Wenn die Zähne der Kassette spitzig zulaufen und die Kette beim Schalten öfters einen Gang überspringt, ist es Zeit für eine Neue.

Kassettenschaltung

Zum Prüfen der Schaltung heben Sie das Hinterrad an und drehen an den Pedalen. Danach gehen Sie alle Gänge durch. Funktioniert das ohne komische Geräusche und ohne Stocken, ist alles in Ordnung. Andernfalls empfehlen wir einen Besuch beim Mechaniker Ihres Vertrauens.

Kette

Die Kette gehört – wie auch die Reifen, Bremsbeläge bzw. Bremsklötze und sogar die Kettenräder – zu den Verschleissteilen Ihres Velos. Ist sie stark verschlissen, funktioniert die Schaltung nicht mehr sauber und im Extremfall kann die Kette reissen. Für die Prüfung des Verschleisses können Sie eine Kettenlehre verwenden. Die Kettenlehre mit der gebogenen Nase an einer Rolle der Kette anlegen und dann nach unten auf die Kette legen. Es gibt zwei Szenarien:

  1. die gerade Nase bleibt hängen = Kette kann weiterverwendet werden
  2. die gerade Nase rutscht hindurch = Kette auswechseln, um Ritzelverschleiss zu verhindern

Messen Sie die Kettenlänge aber gleich an mehreren Stellen, um Unregelmässigkeiten auszuschliessen.

Danach reinigen und ölen Sie die Kette. Tipps hierzu finden Sie in unserem Veloketten-Ratgeber.

Um den Verschleiss der Kette zu prüfen, setzen Sie die Kettenlehre mit der gebogenen Nase an. Die Gerade Nase sollte nicht hindurchfallen.

Hinterbauschraube

Als Letztes prüfen Sie die Hinterbauschraube. Hier verwenden Sie ebenfalls den Drehmomentschlüssel und stellen das empfohlene Anzugsmoment ein. Im Normalfall ist das auf der Schraube aufgedruckt.

Stellen Sie die Hinterbauschraube auf das empfohlene Drehmoment ein.

Glückwunsch!

Geschafft! Ihr Bike ist ready für den Trail. Wir wünschen Ihnen viele unvergessliche Fahrten und tolle Erlebnisse.

Sollten Sie sich bei einem Schritt unsicher fühlen, wenden Sie sich am besten an einen Velomechaniker. So steht einer sicheren Bike-Tour nichts mehr im Weg.


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