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Tequila: Geschichte, Herkunft & Herstellung

03.01.2023

Ob als Shot oder in Form zahlreicher Cocktails, Tequila erhellt so manche Partynacht. Doch hinter dem mexikanischen Agavenschnaps steckt viel mehr als nur ein «Spassmacher» für den Samstagabend. In diesem Beitrag erfahren Sie mehr über seine Geschichte und die traditionelle Handwerkskunst, die ihn auszeichnet.

Pulque – wie alles begann

Agaven bilden die Grundlage von Tequila. Diese Pflanzen nahmen bei den indigenen Völkern Mexikos, wie etwa den Azteken, eine äussert wichtige Rolle ein: Sie wurden gegessen, zu Kleidung sowie Baumaterial verarbeitet und dienten als Brennstoff und Medizin. Ausserdem fanden sie Einsatz bei religiösen Ritualen. Man kochte das so genannte «Herz» der Agave und vergor den austretenden Saft. Dabei entstand ein milchiges, alkoholhaltiges Getränk, Pulque genannt, dem ein göttlicher Ursprung nachgesagt wurde. Die Hohepriester der Azteken konsumierten es nur an bedeutenden Feiertagen.

Im frühen 16. Jahrhundert eroberten die Spanier unter Hernán Cortés das aztekische Reich. Dadurch verlor die Agave ihre religiöse Bedeutung. Pulque war nun der gesamten Bevölkerung zugänglich und wer es produzieren wollte, musste eine Steuer an die Spanier entrichten. Das Getränk wurde bald so beliebt, dass es zwischenzeitlich eine der grössten Steuereinnahmequellen der Kolonialregierung darstellte.

Der Beginn der Destillation

Wann und wie genau die Destillation – die Voraussetzung für hochprozentige Getränke wie Tequila – in Mexiko eingeführt wurde, ist unklar. Es gibt dazu mehrere Theorien; gut möglich, dass beide wahr sind.

Eine davon sieht den Ursprung in den Philippinen: Nachdem die Spanier auch die Philippinen zu einer Kolonie gemacht hatten, trafen 1569 die ersten philippinischen Einwanderer in Mexiko ein. Sie beherrschten die Destillation und begannen sogleich mit der Produktion von Lambanog, einem Palmschnaps aus ihrer Heimat. In ihren Brennereien stellten sie indigene Arbeiter ein, die sich das Wissen um die Destillation rasch aneigneten und auf die Agave anwendeten. Der destillierte Agavensaft wurde als Mezcal bezeichnet, was in der indigenen Nahuatl-Sprache «gebackene Agave» bedeutet.

Laut der zweiten Theorie waren es die Spanier selbst, die mit der Destillation von Pulque begannen. Die dazu notwendigen Brennblasen gab es zu dieser Zeit bereits in Europa. Damit war es ein leichtes, den Pulque zu destillieren und daraus eine hochprozentige Spirituose zu erhalten – den Mezcal.

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Mezcal und Tequila

Vielleicht haben Sie den Begriff Mezcal schon einmal gehört. Dies ist der Überbegriff für mexikanische Destillate aus Agavensaft. Der Tequila ist eine Unterform des Mezcal, die nur in der Region um die Kleinstadt Tequila hergestellt werden darf. Während Mezcal aus mehr als 30 verschiedenen Agavensorten produziert wird, ist für Tequila ausschliesslich die Blaue Weberagave (lat. Agave tequilana) zugelassen. Es gibt noch weitere Unterschiede in der Produktion, auf die wir weiter unten näher eingehen.

Als Faustregel gilt: Jeder Tequila ist ein Mezcal, aber nicht jeder Mezcal ist ein Tequila.

Wie auch immer die Destillation nach Mexiko kam – sicher ist, dass schon bald in grossem Stil Mezcal produziert wurde: Um das Jahr 1600 entstand die erste kommerzielle Mezcal-Brennerei in der Nähe der Stadt Tequila. Kurz darauf begann die Kolonialregierung mit der Erhebung von Alkoholsteuern und ab 1636 brauchten Brennereien eine staatliche Lizenz.

Die Erfolgsgeschichte des Mezcal

Das Geschäft blühte und der Markt wuchs. Viele Familienbetriebe im ganzen Land nahmen die Produktion auf und nutzten dabei Agaven aus eigenem Anbau. So entstanden zahlreiche regionale Eigenheiten und individuelle Geschmacksrichtungen, die sich aus unterschiedlichen Produktionsmethoden, Terroirs und nicht zuletzt Agaven ergaben. Von den über 270 bekannten Agavensorten werden nämlich mehr als 30 verschiedene zur Herstellung von Mezcal verwendet, abhängig von der Region und den Vorlieben der Produzenten. Dieser kleinteilige Markt ist in weiten Teilen bis heute erhalten geblieben. Die meisten Mezcal-Brennereien sind nach wie vor kleine Familienbetriebe, die ihr traditionelles Handwerk von Generation zu Generation weitergeben. Dies im Unterschied zu den Tequila-Produzenten, die oftmals in industriellem Massstab arbeiten.

Agavenbauer in einem Agavenfeld, Quelle: Adobe Stock, jcfotografo

Nach langer Zeit des Erfolgs wurde der Mezcal zur ernsthaften Konkurrenz für spanische Brandy- und Portweinhersteller: Sie verloren immer mehr Marktanteile auf dem mexikanischen Markt. Unter dem Druck aus der Heimat sah sich die Kolonialregierung gezwungen, die Mezcal-Produktion 1785 zu verbieten. Dies bedeutete aber nicht das Aus für die Hersteller, denn natürlich wurde im Verborgenen weiter gebrannt.

Glücklicherweise währte das Verbot nicht lange. Der neue König Spaniens, Carlos IV, hob das Verbot einige Jahre später bereits auf. Er vergab 1795 die allererste offizielle Konzession für die Herstellung von Mezcal an einen gewissen José María Guadelupe Cuervo. Dieser betrieb zu diesem Zeitpunkt bereits in zweiter Generation eine Brennerei in Tequila, die heute noch existiert. Nachdem Mexiko 1821 die Unabhängigkeit erlangte, verloren spanische Alkoholika an Bedeutung, wovon der Mezcal natürlich profitierte. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgten die ersten Mezcal-Exporte in die USA.

Vom Mezcal zum Tequila

Bis zu diesem Zeitpunkt wurde zwischen Tequila und Mezcal kaum unterschieden. Mezcal aus der Tequila-Region wurde einfach als «Mezcal aus Tequila» bezeichnet. Das änderte sich, als Don Cenobio Sauza 1873 seine Brennerei eröffnete und sein Produkt ausschliesslich als «Tequila» vermarktete. Er fand heraus, dass die Blaue Weberagave am besten für die Herstellung geeignet ist, da sie schnell wächst, einen hohen Stärkeanteil aufweist und früher reift als die meisten anderen Agavenarten. Die anderen Produzenten in der Region folgten bald seinem Beispiel und setzten nur noch diese Agavenart ein. Der Tequila wurde zunehmend vom Mezcal differenziert und diesem gegenüber auch immer beliebter. Tequila war (und ist) einfacher zu produzieren, was ihn tendenziell günstiger macht. Daher wurde Tequila auch vermehrt exportiert.

Im Rahmen der Mexikanischen Revolution, die ab 1910 das Land jahrelang in ihrem Bann hielt, wurde Tequila nach und nach zum Nationalgetränk erhoben. Er wurde Teil der neuen nationalen Identität. Der Mezcal dagegen geriet in Vergessenheit. Er wurde zwar weiterhin im kleinen Rahmen produziert, hatte aber im Grossen und Ganzen kaum noch eine Bedeutung. Der Tequila hingegen befand sich auf einem Wachstumskurs, der durch die Prohibition in den USA (1920 - 1933) weiter befeuert wurde. Während die Produktion von alkoholischen Getränken auf amerikanischem Boden verboten war, florierten illegale Importe aus den beiden angrenzenden Ländern Kanada und Mexiko. Natürlich machten auch Bars in grenznahen Orten wie etwa Tijuana das Geschäft ihres Lebens. Auf den grossen Rausch der roaring twenties folgte allerdings die Ernüchterung der Weltwirtschaftskrise ab 1929, die auch die Tequila-Hersteller hart traf.

Quelle: Adobe Stock, TheStockCube

Während des zweiten Weltkrieges war Alkohol in den USA zwar wieder erlaubt, aber es war kaum noch möglich, Spirituosen aus Europa zu importieren. Der Tequila füllte dieses Vakuum und wurde zeitweise häufiger konsumiert als Whisky! Die Erfindung des Cocktails «Margarita» (bestehend aus Tequila, Triple Sec & Limettensaft) um ca. 1940 trug weiter zur Beliebtheit des Tequilas bei.

Tequila & Mezcal erhalten geschützte Herkunftsbezeichnungen

Nachdem der Produktname «Tequila» innerhalb Mexikos bereits 1947 geschützt wurde, beanspruchte Mexiko diesen Schutz im Jahr 1974 auch international. Ab da durften nur noch Spirituosen diese Bezeichnung tragen, die in Mexiko hergestellt und gereift wurden und eine Reihe anderer Vorschriften erfüllten (siehe Abschnitt zur Produktion). Zur Kontrolle der Vorgaben wurde eine eigene Behörde geschaffen: Der Consejo Regulador del Tequila (CRT) wacht streng über die verschiedenen Aspekte der Tequila-Herstellung, wie etwa den Anbau der Agaven, die Qualität der Destillate und nicht zuletzt das Wohlergehen der Angestellten. Er vergibt (oder entzieht) die Lizenz für die Tequila-Herstellung.

Rund 300'000 Arbeitsplätze werden heute durch die Tequila-Industrie direkt oder indirekt gesichert. Mehr als die Hälfte des gesamten Tequilas wird von nur vier Brennereien produziert: José Cuervo, Sauza, Herradura und Cazadores.

Der Mezcal erhielt denselben Schutz wie der Tequila im Jahr 1995 und 1997 wurde auch eine entsprechende Kontrollbehörde geschaffen. In den 90er-Jahren erlebte er ein gewisses Revival und wird seither auch wieder in grösseren Mengen exportiert. Doch im Vergleich zum Tequila ist er ein Nischenprodukt geblieben: Pro 1000 Flaschen Tequila kommen gerade mal 7 Flaschen Mezcal in den Export. Es gibt rund 4'000 Mezcal-Brennereien.

Übrigens: Der dritte Samstag im März ist seit 2018 Nationaler Tag des Tequila in Mexiko. Auch die USA kennen diesen Feiertag, legen ihn allerdings auf den 24. Juli. Dass es diesen Feiertag in den USA auch gibt, ist nicht weiter erstaunlich, landen dort doch über 70 Prozent (rund 250 Millionen Liter pro Jahr) des exportierten Tequilas!

Die Herstellung von Tequila im Detail

Der Tequila ist eine von wenigen Spirituosen, die ausschliesslich aus einer einzigen, bestimmten Pflanze hergestellt wird: die Blaue Weberagave. Sie muss aus dem Bundestaat Jalisco stammen, in dem sich die Stadt Tequila befindet (einige angrenzende Gemeinden sind ebenfalls zulässig). Auch sämtliche Arbeitsschritte von der Agave bis zum fertigen Tequila müssen in dieser Region erfolgen, damit das Getränk als Tequila bezeichnet werden darf.

Zwischen acht und zwölf Jahren (!) braucht die Blaue Weberagave, bis sie erntereif wird. Diese lange Entstehungsphase des Grundproduktes ist in der Spirituosenwelt äusserst selten und steht stellvertretend für den grossen handwerklichen Aufwand, der hinter Tequila und allen Agavenspirituosen steckt.

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Die Vielfalt der Agave

Tequila und Mezcal sind bei weitem nicht die einzigen Destillate, die aus der Agave hergestellt werden. Es gibt zahlreiche andere Agavenbrände, die ausserhalb Mexikos zwar kaum bekannt, aber dennoch erhältlich sind. Dazu gehören etwa Bacanora, Raicilla und Sotol. Da es für diese Brände keinen grossen Markt gibt, sind die Hersteller oft traditionelle Kleinbetriebe, die grossen Wert auf Handwerk und Qualität legen. Als Fan von Tequila und Mezcal sollten Sie diese besonderen Spirituosen definitiv einmal probieren.

Ernten & backen der Agaven

Während des Wachstums bildet die Agave die für die Alkoholherstellung benötigte Stärke. Es ist die Aufgabe der Jimadores, der Agavenbauern, den richtigen Erntezeitpunkt zu bestimmen. Der Erntezeitpunkt hat einen grossen Einfluss auf den Geschmack des Tequilas. Jeder Hersteller hat hier seine eigenen Vorlieben, wann genau die Agave geerntet werden soll.

Der richtige Zeitpunkt ist grundsätzlich dann, wenn das Herz der Agave, die piña, einen Stärkegehalt von mindestens 24 Prozent hat. Wird zu früh oder zu spät geerntet, ist zu wenig Stärke für die Gärung vorhanden. Ist die Agave reif, bildet sie eine mehrere Meter hohe Blütenstaude, die abgeschnitten wird, da sie dem Herz Stärke entzieht.

Mit der coa de jima, einer runden Klinge an einem langen Stiel, entfernt der Jimador die langen spitzen Blätter, um das Herz der Pflanze freizulegen. Es wiegt zwischen 40 und 100 Kilogramm und muss mindestens 50 Zentimeter lang sein. Kürzere Exemplare haben in der Regel einen zu geringen Stärkegehalt und werden entweder gar nicht erst geerntet oder spätestens vor der Weiterverarbeitung aussortiert.

Jimador bei der Agavenernte, Quelle: Adobe Stock, Esteban

Als nächstes werden die Agavenherzen gegart. Bei traditionellen Herstellern geschieht dies in einem Ziegelofen und dauert ca. 24 bis 48 Stunden. Grosse Produzenten setzen auf einen so genannten Autoklav, einen riesigen Edelstahltank, der funktioniert wie ein Dampfkochtopf. Durch den hohen Druck reduziert sich die Garzeit auf neun bis 18 Stunden. Bei Temperaturen von rund 100 Grad wird die Stärke der Agave in Einfachzucker umgewandelt.

Nach dem Garen lässt man die Agaven rund 24 Stunden lang abkühlen. Anschliessend werden sie üblicherweise in industriellen Anlagen zermahlen. Die dabei entstehenden Fasern werden mit Wasser ausgewaschen, um den zuckerhaltigen Saft zu extrahieren. Dieser wird als mosto fresco, also «frischer Most» bezeichnet.

Arbeiter in einer Tequila-Brennerei füllen Agavenherzen in einen Autoklav ein. Quelle: Adobe Stock, evastar

Vom Most zum Tequila

Nun folgt die Gärung und damit die Entscheidung, ob der Tequila ein so genannter Mixto von eher niedriger Qualität oder ein hochwertiger «100% Agave» wird. Für einen Mixto können Tequila-Hersteller Zucker für die Gärung hinzugeben, der nicht aus der Agave stammt. Bis zu 49% des gesamten Zuckers dürfen hier aus anderen Quellen als der Agave kommen. Dadurch wird die Herstellung günstiger, weil aus der gleichen Menge Agaven mehr Tequila hergestellt werden kann. Aber dafür geht der typische Agavengeschmack zu einem gewissen Teil verloren.

Premium-Tequila wird daher immer aus 100 Prozent Agave hergestellt, was auf der Flasche entsprechend angegeben wird. Ist auf der Flasche keine entsprechende Angabe zu finden, handelt es sich um Mixto Tequila. Nachdem Mixto jahrzehntelang am meisten exportiert wurde, fällt er seit einigen Jahren hinter den Premium-Tequila ab. Heute tragen rund 60 Prozent des exportierten Tequilas das Label «100% Agave» – ein klares Zeichen dafür, dass die Konsumenten auf den Geschmack gekommen sind. Der Tequila kann sein Image als billiger «Sprit» für Partys langsam, aber sicher ablegen und in die Reihen hochwertiger Spirituosen wie Whisky und Cognac «aufsteigen».

Für die Gärung wird der mosto fresco in einen Stahltank gegeben und mit Hefen versetzt. Diese verstoffwechseln nun den Zucker und wandeln ihn damit in Alkohol um. Ohne chemische Hilfsmittel dauert dieser Prozess je nach Temperatur und Jahreszeit zwischen fünf und zehn Tagen. Um die Gärung zu beschleunigen, können auch Gärhilfsmittel hinzugegeben werden, wodurch sich die Wartezeit auf maximal drei Tage verkürzt. Während der Gärung geben die Hefen viel Wärme ab. Wird der Most zu warm (oberhalb von 35 Grad), sterben die Hefen und der ganze Most muss entsorgt werden. Daher muss der Hersteller die Temperatur im Gärbottich laufend überwachen und gegebenenfalls herunterkühlen.

Auch bei der Destillation stehen den Produzenten wiederum zwei verschiedene Methoden zur Verfügung: Die Brennblase, bei der ein feineres, höherwertiges Destillat entsteht, und die Brennsäule, die kostengünstiger ist. Jeder Tequila muss zwei Mal destilliert werden. Für den ersten Durchlauf ist die Brennblase vorgeschrieben, beim zweiten können die Hersteller wählen, ob sie erneut die Brennblase oder die Brennsäule einsetzen möchten.

Bei beiden Methoden basiert die Destillation darauf, dass Alkohol einen niedrigeren Siedepunkt hat als Wasser (ca. 78 Grad) und andere unerwünschte Stoffe, die im mosto enthalten sind. Indem man den Most erhitzt, verdunstet der Alkohol, während ein grosser Teil des Wassers zurückbleibt. So trennt man das Wasser vom Alkohol und erhält eine hochprozentige Spirituose.

Destillation in der Brennblase

Werfen wir einen Blick auf die beiden Varianten: Die Aufwendigere ist das Brennen in einer kupfernen Brennblase, wie zum Beispiel beim Single Malt Whisky. Dabei wird der Most in die Brennblase gegeben und dann erhitzt, bis er ungefähr den Siedepunkt von Alkohol erreicht hat. Da der Alkohol mit Wasser vermischt ist, liegt sein Siedepunkt etwas höher als 78 Grad. Nun verdunsten der Alkohol und auch ein Teil des Wassers. Das Gemisch steigt in den schmalen Hals der Brennblase, wo bestimmte unerwünschte Stoffe mit der kupfernen Wand der Blase reagieren und dort hängen bleiben. Aus diesem Grund muss die Brennblase zumindest an der Innenseite aus Kupfer bestehen. Danach wird der Dampf in einen Kondensator geleitet, wo er abgekühlt wird, damit er sich wieder verflüssigt.

Brennblasen aus Kupfer in einer Tequila-Brennerei. Auf der linken Seite (in blau) stehen die Kondensatoren, die den destillierten Dampf wieder verflüssigen. Quelle: Adobe Stock, Fernando

Diese Flüssigkeit, die aus der Brennblase austritt, wird in drei Teile aufgeteilt: Der erste Teil, der so genannte Kopf, enthält ungeniessbare Bestandteile und wird abgeschöpft. Diese Bestandteile haben den niedrigsten Siedepunkt und verdunsten dadurch als erstes. Als nächstes folgt das «Herz», das weiterverarbeitet wird. Hier finden sich alle Aromen, die im Tequila erwünscht sind. Den Abschluss bildet der «Schwanz», der ebenfalls entsorgt wird. Ist der gesamte Most verdunstet, muss die Brennblase komplett gereinigt werden, bevor die nächste Charge eingefüllt werden kann.

Wo genau diese Trennungen gemacht werden, obliegt dem Brennmeister und ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich. Es ist jedoch wichtig, dass dieser Prozess bei jedem Durchgang möglichst identisch ist, damit der Geschmack des fertigen Tequilas gleichbleibt. Der Brennmeister muss sich hier auf seine grosse Erfahrung verlassen können, denn es gibt kein immer gültiges Rezept dafür. Der Most ist ein Naturprodukt, dessen Qualität und Zusammensetzung schwanken. Dies muss der Brennmeister berücksichtigen.

Das «Herz» hat nach dem ersten Durchlauf einen Alkoholgehalt von ca. 25 Prozent, was noch nicht ausreicht für Tequila. Daher folgt nun eine zweite Destillation. Viele Hersteller setzen auf einen zweiten Durchgang in einer Brennblase, der genau gleich abläuft wie der erste. Einige Produzenten, vor allem die ganz grossen, benutzen für die zweite Destillation hingegen eine Brennsäule. Diese wird in der Spirituosenwelt häufig eingesetzt, wenn eine Brennblase nicht vorgeschrieben ist und wenn riesige Mengen Alkohol produziert werden sollen. Sie ist zum Beispiel bei Vodka, Gin, Rum und einigen Whiskysorten allgegenwärtig.

Destillation in der Brennsäule

In der Brennsäule kann kontinuierlich gebrannt werden und nicht in einzelnen Chargen wie in der Brennblase. Daher ist sie die schnellere und günstigere der beiden Brennmethoden. Die Brennsäule ist eine zehn bis zwanzig Meter hohe Röhre, die im Innern von zahlreichen Zwischenböden unterteilt wird. Diese Zwischenböden sind gelocht, sodass der destillierte Dampf aufsteigen kann. Im unteren Drittel der Säule wird der Most hineingegeben, der sich auf den darunterliegenden Zwischenböden verteilt. Von unten steigt Wasserdampf auf, der den Most erhitzt und zum Verdampfen bringt. Der verdampfte Most steigt nun auf, bis er auf den nächsten Zwischenboden trifft. Dort kondensiert er und verdampft sogleich wieder.

So steigt der Most immer weiter in der Säule nach oben und wird dabei laufend verdampft und wieder kondensiert. Je weiter er nach oben kommt, desto kühler wird es, da die Wärmequelle ja ganz unten liegt. Dies bedeutet, dass immer weniger Wasser mitverdunstet, je weiter oben sich der Most befindet. Ganz oben besteht der Dampf praktisch nur noch aus Alkohol – bis zu 96 Prozent Reinheit sind mit diesem Verfahren erreichbar. Bei welchem Alkoholgehalt das Destillat entnommen wird, ist individuell je nach Hersteller. In der Regel beträgt er zwischen 55 und 60 Prozent.

Beispiel einer kleinen Brennsäule. Unten links wird der Most hineingegeben und ganz oben wieder abgeführt. Quelle: Adobe Stock, markobe

Reifung von Tequila und die verschiedenen Altersstufen

Nach der zweiten Destillation ist der Tequila fertig. Er kann nun direkt in Flaschen abgefüllt und verkauft oder aber noch in Holzfässern gereift werden. Für die Reifung verwenden die Hersteller häufig gebrauchte Whiskeyfässer aus den USA. Die Reifung dauert nur kurz im Vergleich etwa mit schottischem Whisky. Das Alter von Tequila wird üblicherweise nicht in Jahren, sondern in allgemeingültigen Reifungs- bzw. Altersabstufungen angegeben:

  • Blanco: Dieser Tequila gelangt nach der Destillation ohne Reifung in den Verkauf. Er ist erkennbar an seiner durchsichtigen Farbe und zeichnet sich durch einen ausgeprägten Agavengeschmack aus.
  • Reposado: Spanisch für «geruht». Reposado Tequila verbringt zwischen zwei und elf Monaten in einem Eichenfass. Dadurch erhält er vielfältigere Aromen und eine goldgelbe Farbe.
  • Joven: Span. «jung». Eine Mischung (Blend) aus Blanco und Reposado Tequila.
  • Añejo: Span. «alt». Die Reifezeit liegt zwischen einem und drei Jahren. Die Holzaromen des Reposado werden weiter verfeinert und die Aromen der Agave treten vermehrt in den Hintergrund.
  • Extra Añejo: Tequilas mit dieser Bezeichnung reifen für mindestens drei Jahre. Ihr Aroma nimmt intensive Holznoten an und bewegt sich in Richtung von Whisky und Rum. Sie gelten als «Ultra-Premium» und entsprechend hoch fällt ihr Preis in der Regel aus.
  • Cristalino: Dies sind Añejo oder Extra Añejo Tequilas, die gefiltert werden und so ihre Farbe verlieren. Auf den Geschmack wirkt sich die Filterung kaum aus, weshalb Cristalinos grösstenteils das Geschmacksprofil eines (Extra) Añejo haben. Somit dürfte es sich bei dieser neuen Form primär um eine Marketingmassnahme handeln, mit der sich die Hersteller auf einem stetig wachsenden Markt hervorheben wollen.

Während der Zeit im Fass reagiert der Tequila nicht nur mit dem Holz, er verdunstet auch. Der so genannte angels' share, der «Anteil der Engel», bezeichnet die Menge des Destillats, die pro Jahr durch Verdunstung verloren geht. Sind es beim schottischen Whisky ca. 2 Prozent pro Jahr, können es bei Tequila gut und gerne 10 Prozent sein! Das liegt an der hohen Temperatur in Mexiko. Nach nur drei Jahren im Fass kann also schon mehr als ein Viertel des Fassinhalts verdunstet sein, was sich im Preis von gereiften Tequilas niederschlägt.

Das ist auch der Grund, weshalb man bei Tequila niemals so lange gereifte Abfüllungen finden wird, wie es sie etwa bei Whisky oder Cognac gibt, die bisweilen 30 und mehr Jahre gelagert werden. Nach solch langer Zeit wären die Tequila-Fässer schlicht und einfach so gut wie leer. Ausserdem ist hier der niedrige Siedepunkt des Alkohols ein limitierender Faktor: Der Alkohol verdunstet schneller als das Wasser, wodurch der Alkoholgehalt im Fass mit der Zeit sinkt und irgendwann unter dem gesetzlichen Minimum von 38 Prozent liegen würde.

Tequila-Fässer ruhen in einer Brennerei, Quelle: Adobe Stock, Nataliia

Abfüllung, Regulierung & Trinkritual

Ist die Reifezeit abgeschlossen (oder im Fall von Blanco Tequila, direkt nach der Destillation), folgt der wichtige Prozess des Blending, also das Vermischen verschiedener Chargen. Sämtliche «Bestandteile» des Tequila wie die Agaven, die Hefen und auch das Holz der Fässer sind natürlichen Ursprungs. Daher schmeckt der fertige Tequila nicht immer zu 100 Prozent gleich. Als Käufer erwarten wir jedoch, dass der Tequila eines bestimmten Herstellers immer so schmeckt, wie wir uns das gewohnt sind. Es ist die Aufgabe des master blenders, diese Konsistenz zu erzeugen, indem er unterschiedliche Chargen in genau den richtigen Verhältnissen vermischt. Dabei verlässt er sich ausschliesslich auf seinen ausgeprägten Geschmackssinn und seine Erfahrung.

Stimmt die Mischung, wird der Tequila in Flaschen abgefüllt, etikettiert und gelangt in den Verkauf. Einige Hersteller bestehen auf einer Abfüllung von Hand, um ihren traditionellen Wurzeln gerecht zu werden. Die meisten setzen jedoch auf eine maschinelle Abfüllung.

Sämtliche Schritte der Herstellung unterliegen strengen Auflagen der Aufsichtsbehörde CRT. Während der Destillation müssen die Produzenten verschiedene Messungen und Laborwerte erheben, die sie regelmässig an den CRT rapportieren. Frisch gefüllte Fässer werden von einem Mitarbeiter des CRT verschlossen und mit einem Siegel versehen. Und sogar die Etiketten sind klar reglementiert: Nicht weniger als 12 explizite Angaben sind vorgeschrieben, darunter die Alterskategorie, die Adresse des Herstellers und der Hinweis, dass der Tequila in Mexiko hergestellt wurde.

Freie Hand haben die Produzenten allerdings bei der Gestaltung der Flaschen. Und diese Freiheit nutzen sie wie kaum ein anderer Hersteller in der Spirituosenwelt. So gibt es Tequila-Flaschen in der Form von Totenköpfen, Skeletten, Ringen, Kronen, Pfeffermühlen, Blitzen und Jaguarschädeln, um nur einige Beispiele zu nennen. Gerade bei hochwertigen Abfüllungen werden diese Flaschen oft mundgeblasen und in aufwendiger Handarbeit verziert.

Viele von uns dürften das klassische «Trinkritual» für Tequila noch aus der Jugendzeit kennen: Salz von der Hand lecken, Shotglas leeren und dann in einen Limettenschnitz beissen. Interessanterweise ist das in Mexiko selbst kaum verbreitet. Dort wird Tequila, vor allem in Restaurants, als bandera («Flagge») serviert. Dabei erhält man drei Gläser, deren Inhalt die Farben der mexikanischen Flagge repräsentieren und in dieser Reihenfolge getrunken werden: Limettensaft (grün), junger Tequila (weiss) und Sangrita, eine stark gewürzte Mischung aus Tomaten- und Orangensaft (rot). Hochwertiger Tequila kann auch sehr gut pur aus einem Nosing-Glas genossen werden, wie bei anderen Spirituosen auch.

Tequila-Genuss auf mexikanische Art: Eine Bandera mit Limettensaft, Tequila und Sangrita. Quelle: Adobe Stock, Gilberto Villasana

Die wichtigsten Unterschiede zwischen Mezcal und Tequila

Obwohl der Mezcal aus dem Rest Mexikos in den Grundzügen gleich hergestellt wird wie der Tequila, gibt es doch einige Unterschiede. Viele davon ergeben sich daraus, dass ein Grossteil der Mezcal-Brennereien kleine Familienbetriebe sind, die kaum Maschinen und andere moderne Hilfsmittel einsetzen. Es gibt aber auch industriell hergestellten Mezcal, bei dem die Hersteller auf traditionelle Methoden verzichten, genauso wie es handwerklich produzierten Tequila gibt. Wirklich gross sind die Unterschiede im Einzelfall also nicht unbedingt.

Die wichtigsten Eigenheiten von (traditionellem) Mezcal gegenüber Tequila sind:

  • Die Agaven: Für Tequila darf nur eine einzige Agavensorte verwendet werden, während für Mezcal über 30 verschiedene Sorten zur Auswahl stehen, die in unterschiedlichen Regionen Mexikos wachsen. Dadurch wird auch das Terroir wichtig, also das Zusammenspiel von Temperatur, Klima, Bodenbeschaffenheit, Feuchtigkeit, Sonneneinstrahlung etc. Das Terroir kann sich zwischen zwei Anbaugebieten stark unterscheiden und damit den Geschmack des Mezcals beeinflussen. Innerhalb des Mezcals gibt es somit eine grössere geschmackliche Bandbreite als innerhalb des Tequilas.
  • Das Backen der Agaven: Viele Mezcal-Hersteller backen die Agaven in einem Erdofen. Dazu heben Arbeiter eine Grube von mehreren Metern Durchmesser aus, in deren Zentrum sie ein Feuer entfachen. Auf das brennende Holz legen sie eine Schicht aus Steinen und warten, bis diese glühend heiss sind. Danach füllen sie die Grube mit den frisch geernteten Agavenherzen und decken das Ganze mit Erde zu. Nach drei bis fünf Tagen graben sie die Agaven wieder aus und lassen sie noch einige Zeit ruhen, bevor sie weiterverarbeitet werden. Diese Technik wird in Mittelamerika seit Jahrtausenden angewendet und ist der Grund für den ausgeprägt rauchigen Geschmack vieler Mezcals.
  • Das Mahlen der Agaven: Selbst heutzutage nutzen zahlreiche Brennereien für das Zerkleinern der gebackenen Agaven ein steinernes Mühlrad, das von einem Esel gezogen wird.
  • Die Gärung: Anstatt Zuchthefen beizumischen, setzen Mezcal-Hersteller auf eine natürliche Gärung. Das heisst, sie geben den Most in einen Gärbottich und warten schlicht, bis die Gärung von selbst einsetzt. Die dazu notwendigen Mikroben und Hefen kommen überall in der Brennerei vor und finden ihren Weg in den Bottich.
  • Die Destillation: Für Mezcal werden ausschliesslich Brennblasen eingesetzt, keine Brennsäulen. Diese können aus Kupfer bestehen oder auch aus anderen Materialien wie Holz oder Ton. Teilweise verwenden Hersteller auch Brennblasen nach dem Vorbild der Brennapparate, die von den Philippinos im 16. Jahrhundert eingeführt wurden.
  • Der Wurm: In manchen Abfüllungen schwimmt ein Wurm. Streng genommen ist es zwar eine Schmetterlingslarve, doch die Bezeichnung «Wurm» bzw. gusano auf Spanisch hat sich durchgesetzt. Über die Herkunft dieser speziellen Eigenart des Mezcals gibt es zahlreiche Theorien, aber keine abschliessende Wahrheit. Auf den Geschmack hat der Wurm keinen Einfluss, daher handelt es sich schlussendlich wohl um einen Marketinggag. Wenn auf dem Etikett der Vermerk con gusano steht, bekommen Sie auf jeden Fall einen Mezcal mit extra Proteinen.

Traditioneller Ofen für das Backen der Agavenherzen. In der Mitte liegen die heissen Steine, als nächstes werden die Agaven daraufgelegt. Quelle: Adobe Stock, Svitlana Belinska

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